BMCL: Ssynic vs. Bong Teggy

Immer öfter werden Stimmen laut, dass Rap am Mittwoch an Qualität verliere. Die aktuelle Battlemania konnte auch nicht gerade Werbung machen. Und klar, gestandene MCs wie Gier, Tierstar, Atzenkalle und wie sie alle heißen kommen höchstens zum Zugucken, aber nicht zum Battlen vorbei. Aber: Die BMCL-Matches sind konstant gut. Und teilweise sogar besonders gut. Dieses Mal war das Match extrem besonders gut. Dafür waren Ssynic und Bong Teggy verantwortlich. Beide kamen erst in der letzten Saison auf die Bildfläche und könnten auf lange Sicht in die großen Fußstapfen der einstigen Kings treten.

Über die Ansetzung dürften sich die meisten RAM-Fans definitiv gefreut haben. Neben Gozpel und Fresh Polakke waren Ssynic und Bong Teggy in den letzten Shows immer am unterhaltsamsten. Das sollte auch an diesem Abend so sein.

Ssynic fing an, indem er Bong Teggys Battles zitierte. Das erinnerte etwas an Laas‚ Herangehensweise gegen Drob Dynamic. Problem hierbei: Die zitierten Stellen waren nicht schlecht und das Publikum feierte. Das war sicherlich nicht die Intention. Der Schockmoment, dass Ssynic private Details aus Bennos (wie kann man sein Kind nur so nennen?) Leben erzählen könnte, zieht wesentlich besser. Teggy wirkte jedenfalls recht konsterniert. Auch die Sendung mit der Maus-Einlage ist amüsant, selbst wenn Ssynic da inhaltlich keine neuen Facetten bedient. Für meinen Geschmack ist die Kritik an Teggys Battlestil an den Stellen, wo sie angebracht ist („Es ist Bong Teggy“), stichhaltiger. Auf jeden Fall scheint sich Ssynic um etwas Ernsthaftigkeit zu bemühen, nachdem ihm immer der komödienhafte Charakter seiner Battles vorgehalten wurde.

Nach Ssynics Runde war ich mir eigentlich schon ziemlich sicher, dass sie an ihn gehen würde. Gemessen an dem, was Bong Teggy in der Battlemania abgeliefert hat, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass er Ssynics kleiner Battleanalyse beikommen könnte. Wie man sich täuschen kann. Allein schon die Schilderung der Ereignisse bei Mike Fictions Anrufe ist großartig. Ich finde es generell super, wenn etwas erzählt wird, wo man zunächst nicht absehen kann, worauf es hinauslaufen wird – und dann kommt der Megapunch. Das ist rhetorisch einfach stark. Hinweise auf SSIO und Ssynics verkackten Doubletime gegen Jack Dragon sind ebenfalls klasse. Die Umdeutung von Ssynics nächster Runde zur Raucherpause finde ich auch amüsant. Kaum zu glauben, aber wahr: Ich fand hier Bong Teggy tatsächlich besser. Nur hauchzart, aber dennoch besser.

Ssynic begann seine zweite Runde mit einem (vorbereiteten?) Schwarzen-Rebuttal. Da Bong Teggy aber nur zwei kleinere Lines zu dem Thema brachte, läuft der Konter ein bisschen ins Leere. Das gilt auch für den Vorwurf, dass Bong Teggy nicht authentisch sei, der technisch und rhetorisch zwar gut aufgebaut ist, jedoch daran scheitert, dass Ssynics Kunstfigur auch nicht gerade auf Realness aufbaut. Inn der zweiten Runde bringt er erneut eine Laas-Hommage, indem er Teggys Battlegegner auseinanderklamüsert – Ahes etwa hätte mehr Drogen intus gehabt als das Berghain Samstagabends. Dass Teggys Fans selbst den Aufruf zum totalen Krieg feiern würden, ist ebenfalls eine ganz miese Zeile, die aber blöderweise gar nicht so abwegig erscheint. Das erneute Aufgreifen von Teggys echtem Namen und die Kritik an dessen Konterstärke runden den Part ab. Trotz kleinerer thematischer Ungereimtheiten war das eine bockstarke Runde von Ssynic.

Bong Teggy kontert freestylenderweise dann genau so trivial, wie es ihm Ssynic zuvor vorwarf. Da ist er einem Bauerntrick zum Opfer gefallen. Die Korrelation zwischen Auto und Schwanzlänge ist mir außerdem zu simpel. Den Rest der Runde verbringt Teggy mit Ssynics Bart. Mal besser, indem er ihn als Muschifrisur in Folge eines Brazilian Waxings bezeichnet. Mal schlechter, indem er seine Form durch einen Hitler-Punch erklärt, dessen Aufbau viel zu lang für eine relativ schwache Punchline ausfällt. Doch immerhin kann Teggy in diesem Part eine der besten Lines des ganzen Battles einbringen: „Wäre deine Mutter ein griechischer Buchstabe, wäre sie Phi“. If you know what I mean. Trotzdem geht die Runde hier an Ssynic.

Der kann in seinem letzten Part die Bart-Punches von Teggy ein bisschen auskontern (siehe Craig David und Samuel L. Jackson). Dann setzt er vor allem auf Schemes und Wortspiele. Das Teggy-Scheme ist ein Volltreffer, das Aufwärmen des Respektlos-Schemes eher nicht. Wird ja auch irgendwann langweilig. Die Verwurstung von Mike/Mic und dem RAM-Partner Deine Stadt Klebt hingegen sind große Klasse. Teggy bewegt sich in der letzten Runde aber auf ähnlich hohem Niveau. Die Idee mit dem Kackhaufen mit Brille finde ich witzig; die Aufzählung von Facebookseiten, die mehr Likes als Ssynic haben, ist (unter Berücksichtigung des letzten BMCL-Matches von Ssynic, wo dieser mit Likes prahlte) richtig gelungen. Und dann sind da noch die Zeilen, in denen er Homophobie verurteilt und mich ein bisschen rührt.

Das ist das erste Mal, dass ich es am liebsten gesehen hätte, wenn das Battle unentschieden gewertet worden wäre. Gibt’s aber nicht. Wenn ich mich nun hätte entscheiden müssen, hätte ich Bong Teggy einen winzigen Hauch vorne gesehen. Und da dieser Hauch so minimal ist, kann ich es ebenso gut nachvollziehen, wenn man das Battle für Ssynic wertet. Am Ende ist es eben auch eine Frage des Geschmacks im Hinblick auf Stimme, Flow, Style etc. So oder so war das eines der besten BMCL-Matches. Danke dafür!

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